Herbergsuche
Felsenharte Menschenkinder
könnt ihr denn so grausam sein
und Maria, ihrem Kinde
nicht den kleinsten Platz verleih'n?
Will sich denn kein Mensch bequemen,
sie und ihren Eh'gemahl
in die Herberg aufzunehmen?
Weist man ab - sie überall?
Will denn niemand sich erbarmen:
"O Maria, Komm zu mir!
Nimm die Herberg bei mir Armen,
nicht umsonst klopfst Du bei mir".
Statt der kalten Krippenhöhle
trag' ich Dir mein Herze an:
"Nimm doch Platz in meiner Seele,
wenn sie Dir genügen kann".
Ganz unwürdig dieser Ehre
ist zwar dieses Sünderhaus;
doch, o Mutter, mich anhöre,
schlag mir nicht die Bitte aus!
Dort, wo Du, Dein Kind, zugegen,
da ist wahrlich Seeligkeit,
da wohnt Friede, Heil und Segen!
"Sei mein Gast, mach mir die Freid'!"
Komm auch Du in meine Wohnung,
heiliger Josef, komm herein!
Komm herein, sieh' zur Belohnung
soll, was mein ist, Dein auch sein.
Einst, da batest Du Vermieter,
doch umsonst; jetzt bitt' ich Dich:
Komm! - Du kommst? - Ihr Menschenkinder!
wer ist seeliger als ich?
Altbayerisches Volksgut
Quelle: 'Alois L Weichslgartner, H. Zöpfl:
'Bayerischer Psalter'
Verlag: Sankt Michaelsbund München, 1975
Im Gegensatz zur Quelle ist diese Bearbeitung allgemeingültiger gefaßt, da das
biblische Geschehen nicht nur in
Bethlehem (1. Zeile) geschehen ist, sondern nach katholischem Verständnis
fortwährend unter den Menschen weitergeschieht.
In der 3. Strophe ist das treffendere Wort Seeligkeit statt Vergnügenheit verwendet.
Ebenso ist ein Vermieter, der keinen Platz mehr frei hat, bzw. von
Mieteinnahmen seinen Lebensunterhalt bestreitet, nicht automatisch ein Sünder
(drittletzte Zeile)
M.Gmelch
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